Das Training rund um’s Training

Teil 2: Konditions- und Krafttraining

Silke Meermann

Nicht nur das Aufwärmen unmittelbar vor einer Belastung sowie das Herunterkühlen des Körpers danach beeinflussen die Leistungsfähigkeit eines Hundes – dies wird auch durch ein gezieltes Ausdauer- und Krafttraining erreicht.

Konditions- und Krafttraining bewirken, dass der Hund bestimmte Aktivitäten (z.B. Laufen) einfach länger ausführen kann, oder bestimmte Bewegungen (z.B. Springen oder Antreten beim Sprinten) schneller bzw. kräftiger werden. Der eigentliche Trainingseffekt besteht darin, dass es durch eine Belastung, welche die bisher normale Belastung um einen kleinen Schritt übersteigt, zu Mikro-Läsionen im Gewebe, v.a. in der Muskulatur kommt. Dies wird auch als „Trainingsreiz“ bezeichnet. Der Körper beginnt nun, diese kleinsten Verletzungen zu reparieren, so dass sich das Gewebe an die gesteigerte Belastung anpasst. Am effektivsten ist es, wenn der nächste Trainingsreiz erst einige Tage nach der ersten Belastung gesetzt wird, so dass der Körper bereits Zeit hatte, hierauf zu reagieren. Ist ein einzelner Trainingsreiz zu groß (d.h. ist die Belastung auf einmal zu hoch) oder erfolgen die Trainingseinheiten anfangs zu schnell hintereinander, kann dies einen gegenteiligen Effekt nach sich ziehen, und es kommt zu einer Überlastung mit Muskelkater oder sogar Muskelfaserrissen. Um dies zu verhindern, müssen Dauer und Intensität des Trainings also vor allem anfangs langsam gesteigert werden. Ein Training zwei bis drei Mal pro Woche ist dadurch auch effektiver als das tägliche Training der gleichen Muskelgruppen. Befindet sich der Hund erst einmal in einem guten Trainingszustand, kann zur Aufrechterhaltung natürlich auch täglich gearbeitet werden.

Auch die Leistung des Nervensystems wird durch Training positiv beeinflusst: die Nerven eines gut trainierten Hundes „ermüden“ langsamer, d.h. sie sind in der Lage, über einen längeren Zeitraum sinnvolle Informationen weiterzuleiden. Dadurch ist das Verletzungsrisiko trainierter Hunde geringer, weil ihr Koordinationsvermögen auch über eine längere Belastungsdauer gleichbleibend hoch ist.

KRAFTTRAINING

Krafttraining ist immer dann sinnvoll, wenn sich der Hund schnell bewegen muss (z.B. Beschleunigung beim Laufen, Überwindung der Gewichtskraft beim Springen). Dadurch, dass es den Muskelaufbau fördert, erhöht es außerdem die Stabilität von Gelenken, so dass es auch dazu beiträgt, das Verletzungsrisiko zu senken.

Durch Sprint- und Springübungen, sowie z.B. durch das Apportieren werden primär die „Fast-Twitch“-Muskelfasern, und damit die Kraft- und Schnelligkeitskomponenten trainiert. Nach Verletzungen hingegen kann die Muskelkraft durch so genannte isometrische Übungen gestärkt werden, ohne dass es dabei zu einer nennenswerten Gelenkbewegung und –Belastung kommt.

KONDITIONSTRAINING

Ausdauerleistung ist immer dann gefragt, wenn der Hund über längere Zeit (15 Minuten und länger) arbeiten muss – dies trifft also sicherlich für die meisten arbeitenden Border Collies zu. Um die Kondition und die Leistung der „Slow-Twitch“-Muskulatur zu verbessern, eignen sich alle Sportarten, bei denen der Hund über längere Zeit die gleichen Bewegungen ausführt (z.B. traben am Fahrrad). Da im Wasser ein höherer Widerstand überwunden werden muss, wird hier der gleiche Effekt in der Hälfte der Zeit erreicht (Training im Wasser ist v.a. sinnvoll für Hunde mit Gelenkproblemen, da durch den Auftrieb das Eigengewicht niedriger ist). Bei jeder Art von Ausdauertraining, v.a. aber beim Training im Wasser muss man berücksichtigen, dass das Herz-Kreislauf-System ebenfalls relativ stark belastet wird, so dass man seinen Hund vor dem Beginn eines solchen Trainings vom Tierarzt untersuchen lassen sollte und die Belastung der momentanen Körperkondition anpassen muss.

Eine gute körperliche Ausdauer ist vor allem auch dann wichtig, wenn Leistung unter Stress erbracht werden muss (welche Situation von einem Hund als „Stress“ empfunden wird, ist natürlich individuell verschieden – man kann jedoch davon ausgehen, dass die meisten Hunde z.B. auf einem Trial stärker gestresst sind als beim allabendlichen Einsammeln der Schafe auf der eigenen Koppel). Kurzzeitige Stressbelastungen führen über eine Ausschüttung von Botenstoffen wie Adrenalin zu einer Mobilisierung von Energiereserven aus dem Fettgewebe, damit mehr Brennstoff für die Muskulatur zur Verfügung gestellt werden kann. Gleichzeitig gehen Herzfrequenz und Blutdruck in die Höhe, während die Durchblutung des Magen-Darm-Traktes verringert wird – dies kann zu stressbedingtem Durchfall führen (bei Schlittenhundrennen häufig). Bei dauerhafter Stressbelastung hingegen wird körpereigenes Cortison ausgeschüttet, welches die Immunabwehr drosselt und weitere Langzeitfolgen nach sich ziehen kann.

FAHRRADFAHREN

Fahrradfahren ist eine einfache Möglichkeit, die Ausdauer des Hundes zu verbessern. Dabei müssen jedoch einige Grundsätze berücksichtigt werden: so sollte das eigentliche Training frühestens dann begonnen werden, wenn der Hund ausgewachsen ist und sich sein Skelettsystem ausreichend stabilisiert hat – dieser Zeitpunkt variiert mit der Größe des Hundes, bei den meisten Border Collies ist er etwa mit 12-18 Monaten erreicht (vorab kann man natürlich beginnen, den Hund an das Fahrrad zu gewöhnen, indem man es einfach neben dem Hund herschiebt).

Die Dauer des Trainings sollte in kleinen Schritten gesteigert werden, man kann beispielsweise mit fünf Minuten pro Einheit bei zwei bis drei Einheiten pro Woche beginnen und die Trainingsdauer dann von Woche zu Woche um fünf Minuten steigern. Nach sechs Wochen hat man so eine Zeitdauer von einer halben Stunde erreicht; dies genügt in der Regel, um einen guten Trainingszustand aufrecht zu erhalten.

Das Tempo sollte immer so gewählt werden, dass der Hund die ganze Zeit ruhig traben kann – ein langsameres oder schnelleres Tempo ist zur Verbesserung der Ausdauer wenig effektiv.

Ob der Hund angeleint oder frei am Fahrrad mitgeführt wird, hängt von mehreren Faktoren ab: zunächst einmal besteht in vielen Bundesländern und Gemeinden Anleinpflicht. Sollte der Hund in einen Unfall verwickelt werden, zahlen zudem die meisten Haftpflichtversicherungen nicht, wenn der Hund gar nicht oder nicht in geeigneter Weise angeleint war. Auf dem Markt existieren mehrere sicherheitsgeprüfte Anleinvorrichtungen für das Mitnehmen von Hunden am Fahrrad: diese sind so beschaffen, dass der Hund auf Abstand zum Hinterrad gehalten wird und er von der Schwerpunktlage her das Fahrrad auch nicht umkippen kann. Die Leine wird außerdem so eingehängt, dass sie im Notfall schnell auszuklinken ist.

Meist ist auch die gezielte Beeinflussung des Lauftempos einfacher, wenn der Hund angeleint geführt wird. Läuft er frei, kann ein gleichmäßiges Tempo nur über ein trainiertes Kommando erreicht werden; ansonsten neigen viele Hunde dazu, anzuhalten um zu schnuppern, um dann mit einem Sprint wieder aufzuschließen. Dies macht den Hunden sicherlich mehr Spaß, ist aus trainingsphysiologischer Sicht aber nicht so effektiv.

Hunde, die angeleint am Fahrrad geführt werden, sollten entweder ruhig an durchhängender Leine laufen, oder aber ein spezielles Geschirr tragen, wenn sie dazu neigen, zu ziehen. Während dauerhafter Zug am Halsband zu Verspannungen der Nackenmuskulatur und Blockaden der Halswirbelsäule führt, wird die Zugbelastung durch ein gut sitzendes, gepolstertes Brustgeschirr gleichmäßiger verteilt (vgl. Schlittenhunde). Da die Zugbelastung den Hund zusätzlich Energie kostet, ist der reine Trainingseffekt hierbei höher. Um zu vermeiden, dass der Hund generell zum Ziehen animiert wird, sollte dies konsequent unter Kommandokontrolle gebracht werden (d.h. der Hund darf wirklich eben nur dann ziehen, wenn er sein Geschirr trägt und am Fahrrad läuft – ein Freigabe-Kommando hierfür ist sinnvoll). Ein Nachteil des Führens mit Leine besteht darin, dass man so meist keine Möglichkeit hat, den Hund auf weichem Boden laufen zu lassen, während man selbst auf festem Untergrund fährt – man benötigt also entweder ein entsprechend geländegängiges Fahrrad oder nimmt in Kauf, dass der Hund auf Asphalt läuft, was natürlich für die Gelenke belastender ist als das Laufen auf unbefestigtem Boden.

Durch ein zu frühes Training mit jungen Hunden werden deren Gelenkknorpel überlastet und das Risiko für Erkrankungen wie HD, ED, OCD und Arthrosen steigt deutlich! Gleiches gilt für eine zu schnelle Steigerung der Trainingsdauer bzw. –Intensität!

Es sei auch darauf hingewiesen, dass es nicht nur sehr gefährlich, sondern in Deutschland außerdem verboten ist, Hunde von motorisierten Fahrzeugen aus (Autos, Mofas etc.) zu führen bzw. laufen zu lassen!

JOGGING

Für das Mitnehmen des Hundes zum Joggen gilt prinzipiell das gleiche wie für die Mitnahme am Fahrrad. Dauer und Intensität des Trainings müssen langsam gesteigert werden, wobei hier die Gefahr der Überlastung des Hundes durch ein zu schnelles Tempo sicherlich geringer ist, weil auch der Mensch selbst mithalten muss. Die Wahl eines geeigneten Untergrundes ist einfacher, weil Boden, der sich für Menschen zum Laufen eignet, auch für die Gelenke des Hundes gut geeignet ist. Auch beim Joggen kann der Hund frei mitlaufen oder angeleint geführt werden. Dabei kann man die Leine natürlich in der Hand halten, was aber möglicherweise den eigenen Laufstil verändert (asymmetrische Belastung, da die Leine meist in derselben Hand gehalten wird). Viele Hersteller von Halsbändern und Geschirren für Hunde stellen gepolsterte Bauchgurte für Menschen her, an denen der Hund mit einer speziellen Leine befestigt werden kann: diese wird mit einem Panikhaken oder einem leicht zu öffnenden Karabiner befestigt und hat außerdem ein stark elastisches Zwischenstück, welches plötzliche Richtungswechsel des Hundes abfedert.

TRAINING IM WASSER

Schwimmen und Wassertreten bieten zur Verbesserung der Ausdauer viele Vorteile, aber auch einige Nachteile: der Wasserwiderstand bewirkt, dass sich der Hund deutlich mehr anstrengen muss, wenn er sich bewegt – der Trainingseffekt, der nach 20 Minuten Laufen an Land erzielt wird, ist beim Schwimmen im Wasser schon nach 10 Minuten erreicht. Dies muss v.a. im Hinblick auf die Belastung des Herz-Kreislauf-Systems berücksichtigt werden, im Wasser neigen Hunde eher dazu, sich zu überanstrengen. Während für eine Bewegung im Wasser zwar ein höherer Kraftaufwand nötig ist, ist gleichzeitig die Gewichtsbelastung der einzelnen Gelenke aufgrund der Auftriebskraft geringer – dadurch eignet sich Wassertraining besonders für Hunde mit Gelenkproblemen: sie werden durch den Auftrieb vom Körpergewicht entlastet, gleichzeitig wird die Muskulatur stärker beansprucht und trainiert, so dass sie die Gelenke auf Dauer besser stabilisieren kann.

Auch im Wasser wird die Ausdauer durch gleichförmige Bewegungen über einen längeren Zeitraum gefördert. Dabei kann aber ein zu intensives Schwimmtraining dazu führen, dass bestimmte Anteile des Rückens überlastet bzw. falsch belastet werden: die Haltung, die der Hund beim Schwimmen einnimmt (erhobener Kopf, Wirbelsäule gestreckt bzw. überstreckt), entspricht nicht der Haltung, mit der er an Land läuft (Kopf mäßig hoch, Brust- und Lendenwirbelsäule leicht gebogen). Ein allzu einseitiges Schwimmtraining sollte daher vermieden werden. Einen guten Ausdauereffekt kann man auch dadurch erreichen, dass der Hund z.B. in einem flachen Bach über eine längere Strecke im Wasser läuft (auch hier muss die Muskulatur gegen einen erhöhten Widerstand arbeiten, während die Gelenke durch den Auftrieb zumindest teilweise entlastet werden). Dabei entspricht der Bewegungsablauf eher dem normalen Laufmuster des Hundes.

Es ist nicht immer leicht, ein geeignetes Gewässer zu finden, in dem der Hund schwimmen oder Wassertreten kann – der Untergrund darf keine Verletzungsrisiken bergen (spitze Steine, Glasscherben, scharfe Schilfblätter) und die Temperatur darf weder im Sommer zu warm, noch im Winter zu kalt sein, da der Hund sonst leicht überhitzt oder auskühlt.

Bei jeglicher Art von Ausdauertraining sollte man berücksichtigen, dass dies für den Hund mental meistens nicht sehr anregend ist – die Hunde brauchen nach einer kurzen Erholungsphase zusätzlich noch Zeit für „geistige“ Beschäftigung bzw. Sozialkontakte!

CROSSTRAINING

Damit ein Sportler nicht nur einseitig die Gelenke belastet und die Muskelgruppen trainiert, die er für seine Sportart benötigt, macht er meist zusätzlich ein spezielles Krafttraining oder eine andere Sportart als Ausgleich – dies wird auch als Crosstraining bezeichnet. Dadurch wird der Körper gleichmäßiger belastet und das allgemeine Körpergefühl verbessert (das Training von Springpferden besteht auch zu einem hohen Anteil aus Dressurlektionen, durch welche die körperlichen Voraussetzungen für die eigentliche Belastung geschaffen werden). Auch bei Hunden, die für eine spezielle Arbeitsaufgabe oder Sportart trainiert werden, kann es sinnvoll sein, Übungen aus anderen Bereichen in das Training einzubauen. Durch unterschiedliche Anforderungen an die körperlichen Fähigkeiten werden auch hier das Koordinationsvermögen verbessert und unterschiedliche Muskelgruppen trainiert. Bei der Hütearbeit benutzt der Hund jedoch ohnehin schon sehr viele verschiedene Muskelgruppen, so dass die Belastung hier nicht so einseitig ist, dass ein Crosstraining unbedingt erforderlich wäre – dennoch können natürlich Übungseinheiten aus anderen Bereichen eingebaut werden, bei denen der Hund z.B. lernt, auf Kommando über ein Hindernis zu springen (auch in bestimmten Arbeitssituationen kann es nützlich sein, wenn der Hund auf Anweisung z.B. über ein Netz springt).

Sicherlich sind die hier beschriebenen Konditions- und Krafttrainingseinheiten für einen Hütehund, der jeden Tag am Vieh zum Einsatz kommt, nicht unbedingt nötig, da er allein durch die Arbeit körperlich schon „gut im Training“ ist. Viele anderweitig berufstätige Hobbyschafhalter haben aber nicht unbedingt jeden Tag eine sinnvolle Arbeitsaufgabe für ihren Hund oder die Möglichkeit, gezielt an Vieh zu trainieren. Im Winter erschweren häufig gefrorener Boden und Dunkelheit ein tägliches Training, so dass für viele Hunde und Besitzer der „Arbeitseinsatz“ des Hundes der eigentliche Luxus ist. Gerade für diese Hunde, die eben nicht jeden Tag arbeiten, ist es jedoch um so wichtiger, dass sie auf andere Weise körperlich fit gehalten werden, da sie sonst bei ihren Arbeitseinsätzen sehr anfällig für Verletzungen sind. Für viele Besitzer ist es sicherlich einfacher, täglich mit dem Hund zu joggen oder Fahrrad zu fahren, da dies – anders als die Hütearbeit – auch im Winter nach Feierabend (ohne Flutlichtanlage) noch möglich ist.

Teil 3: Rehabilitation und Training nach Verletzungen